Das Mutterschiff 1. FC Union Berlin und seine Begleitboote auf hoher See.


Der Wirtschaftsrat, die Stiftung und die Fan- und Mitgliederabteilung des 1. FC Union Berlin sowie der Eiserne V.I.R.U.S. im Spannungsfeld sozialer Verantwortung und der Profifußball – Positionen zu einem weiten Fußballbegriff.
Jochen Lesching, Nach einer Textvorlage für das Webradio „WIR – UNION VEREINT.“ Im Audiotreff KICK’N RADIO Nr. 2, 10.04.2020, 19:00 Uhr
Ziel ist es, den Wirtschaftsrat, Stiftung, Fan- und Mitgliederabteilung und den V.I.R.U.S. hier und heute vorzustellen und dabei Einblicke in Konzeptionelles und Geschichte sowie über die Zusammenarbeit dieser vier Organisationen, in den letzten 20 Jahre zu geben.
Im ersten Impuls – berechtigt – könnte die Frage gestellt werden: Warum denn in der Vergangenheit rumkramen? Das bringt doch nichts! Besonders in Corona-Zeiten und der auf dem Kopf stehenden Welt – auch der Fußballwelt – sollte besser die Gegenwart und die Zukunft im Blickfeld stehen? Zur Antwort kann ein Zitat führen. Wilhelm von Humboldt wusste es: „Nur wer die Vergangenheit kennt hat eine Zukunft.“
Und mit den Erlebnissen rund um den 1. FC Union Berlin – in Zeiten in denen bereits Jahre und Jahrzehnte das Mutterschiff und seine Begleitboote auf hoher See sind –  kann mit Überzeugung gesagt werden, dass Union besonders in den vergangenen zwanzig Jahren Erfahrungen zugewachsen sind, die helfen, in Gegenwart und Zukunft, weiter die richtigen Wege zu finden.
Was da in der Vergangenheit gelernt wurde, das lag am 10.04.2020 druckfrisch auf den Tischen oder steckte in Festplatten. Zur Sache: Während Herr Martin Kind von Hannover 96, seines Zeichens Präsident des genannten Fußballklubs, über die „besondere Bedeutung des Profifußballs“ öffentlich seinen Gedanken nachhing und in den gegebenen Zeiten der Coronakrise für den Fußball andere Regel gelten lassen wollte als für die restliche Bevölkerung – genau zu dieser Stunde vertrat der Präsident des 1. FC Union Berlin, Dirk Zingler, eine ganz andere Position. Für ihn war der Wiederbeginn von Fußball nur möglich, wenn es dafür eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz gibt. Erst sind Schulen und die kleinen Läden sowie die Kneipen im Kiez zu öffnen ehe der Fußball wieder rollt. Er sprach dagegen, dass der Fußball sich abkoppelt von gesellschaftlicher Wahrnehmung.
Das ist eine ganz andere Art zu denken, zu fühlen und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Solch Empathie und Achtung, die beim 1. FC Union Berlin im Umgang mit den Menschen auf Augenhöhe gelebt werden, sind seit den Jahren 2003/04 zielstrebig erarbeitet, erfühlt und errungen worden. Auf den nächsten Seiten soll diesen Erfahrungen nachgespürt und vielleicht kann aus der Vergangenheit gelernt werden für Gegenwart und Zukunft.
V.I.R.U.S. – Wirtschaftsrat – Fan- und Mitgliederabteilung sowie die Stiftung beim 1. FC Union Berlin sind mit allen Sinnen eng verknüpft und ergänzen sich. Alle vier Institutionen entstanden in letzter Instanz aus einem Gefühl großer Verbundenheit und dem Bedürfnis einer Vielzahl aktiver, kreativer Fans und Sympathisanten des 1. FC Union Berlin, diesen Sport und ihren Fußballverein zu etwas ganz besonderem – eigenen – werden zu lassen.
Solch Haltung und Geist kann zurückverfolgt werden bis in die Gründerjahre des Fußballs in Köpenick und Oberschöneweide sowie der Vorgänger des SC Union-Oberschöneweide vor mehr als 110 Jahren. Allein das initiativreiche Baugeschehen damaliger Unioner bei der Schaffung ihrer “Spielplätze” mit dem ersten Höhepunkt der Einweihung des “Eigenen Sportpark Sadowa” vor 100 Jahren legt dafür Zeugnis ab. Es war ein fortwährendes Kümmern um ihren Verein, der Fürsorge und Sorge um ihn sowie dem Bedürfnis seine Entwicklung mitzugestalten und jüngst, auch mitzubestimmen.
In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – also ganz so lange, wie das jetzt klingt, ist das gar nicht her – hatten die Fans neue und andere Besorgnisse um die Existenz Ihres Fußballvereins, den 1. FC Union Berlin. Unioner und Unionerinnen entwickelten spürbar Mut und Kraft, um für ihren Verein einzustehen. Gesellschaftliche Verantwortung wurde mobilisiert bis hin zum zivilen Ungehorsam. Es bildeten sich erste Strukturen, in denen Organisation geübt und Inhalte manifestiert wurden. Widerständiges zeigte sich deutlich. Ein spontan, Mitte der 90er Jahre, entstandener „Fanrat“ übernahm die Koordination. Eigenständigkeit und der Wille, selbstbestimmt zu handeln, waren mit Macht angestoßen.
In der Folge entstanden:

  • 2001 der Eiserne V.I.R.U.S. e. V.;
  • 2003/04 der Wirtschaftsrat 1. FC Union e. V. und die Fan- und Mitgliederabteilung;
  • 2016, aus der Tätigkeit des Wirtschaftsrates heraus, die Stiftung des 1. FC Union Berlin “UNION VEREINT. Schulter an Schulter”.

Die Gründung des Wirtschaftsrates am 1. März 2004 gab der Entwicklung des 1. FC Union Berlin starke Impulse. Diesem Gründungsereignis folgend, soll der Wirtschaftsrat hier mit seinem inhaltlichen Grundkonzept kurz vorgestellt werden.
Die Gründungsidee war bestechend einfach: Bei Union sollten wieder Unioner das Sagen bekommen.
Elf Unternehmer, Sponsoren, verbündet mit Mitgliedern und Fans, wollten etwas ganz besonders durchsetzen. Der Fußballverein 1. FC Union Berlin sollte mit Konsequenz wieder in das Zentrum aller Bemühungen gerückt werden. ALLE hatten fortan dem Verein zu dienen.
Insgesamt war das eine Initialzündung zurück zu den Wurzeln des Fußballs beim 1. FC Union Berlin, um neue Wege gehen zu können. Das liegt ca. 15 Jahre zurück. Dirk Zingler und Peter Wachalski waren die Initiatoren der Gründungsaktion.
Es standen drei Aufgaben:
1.) Den Fußballverein wegbringen von den persönlichen Interessen Einzelner. Kein Fußballstar, kein Präsident, kein Sponsor oder sonstige Glücksritter dürfen zukünftig das Maß der Dinge bei Union sein. Nichts und Niemand ist wichtiger als der 1. FC Union Berlin. Gemeinnutz geht vor Eigennutz.
2.) Selbstverständlich steht der Fußball im Mittelpunkt, aber da steht er nicht alleine. Die Mitglieder – einschließlich der aktiven Sportler – und die Fans sowie Sponsoren und das Streben nach wirtschaftlicher Vernunft im „Unternehmen Fußballverein“ sind genauso wichtig. Diese vier Bereiche müssen sich harmonisch entwickeln und in Balance zu einander stehen.
3.) Um uns selber müssen wir uns selber kümmern (Brecht). Dieser Satz beschreibt die wichtigste Übereinkunft auch in einem Fußballverein. Nichts geht ohne Eigenengagement und das Hoffen und Warten auf höhere Mächte macht hilflos. Aber, man muss Verbündete finden, die zu Union passen.
Diese drei Punkte wurden unter folgender Leitidee zusammengefasst:
Die Philosophie und die Werte des Vereins mussten wieder in den Vordergrund rücken. Das alles hatte sich in den Jahren seit der Wende spürbar verändert, schleichend! Aber, Union musste bei all den Versuchen, um ein Neubeginn, unbedingt Union bleiben, in allen Dingen des Fußballs, der Mitwirkung der Mitglieder und Fans sowie beim wirtschaftlichen Denken und einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit den Sponsoren.
Wie zeigte sich diese Initialzündung im realen Leben des Vereins:

  • Gründung des Wirtschafsrates 1. FC Union e. V. / 1. März 2004;
  • Aktion „Bluten für Union“, Schaffung einer Liquiditätsreserve / April/Mai 2004;
  • Wahl des neuen Aufsichtsrates / 27. Mai 2004;
  • Bestellung des Präsidenten durch den Aufsichtsrat / 1. Juli 2004;
  • Festschreibung der Fan- und Mitgliederabteilung in der Satzung des 1. FC Union Berlin als Abteilung des Fußballvereins.

Welches Denken und Handeln setzten sich nach der Initialzündung bei Union durch:
Unter maßgeblicher Initiative und Leitung von Dirk Zingler, und den Gremien des Vereins haben die Mitglieder des Wirtschaftsrates geholfen, den 1. FC Union Berlin vom Kopf auf die Füße zu stellen. Und das wurde nachweislich mit Erfolg getan, weil in den Jahren danach überaus seriös gearbeitet, sozial und wirtschaftlich gedacht sowie gehandelt wurde. Das haben viele Unioner mit großem Einsatz und Herzblut mitgestaltet, befördert und damit zugleich die Arbeit in den Gremien des Vereins ermutigt sowie kritisch begleitet.
Der 1. FC Union Berlin ist heute ein Verein, der – seiner Traditionen bewusst – diese bewahrt und stetig weiterentwickelt. Bei dem die Mitglieder und Fans selbstbestimmt ihren Verein leben und in ihm agieren. Der Fußball war hier immer mehr als das Treten gegen einen Ball alleine. Deswegen geht ein Unioner auch nicht zum Fußball, sondern zu UNION.
In seiner Geschichte hat der Fußball zu allen Zeiten – und gerade auch beim 1. FC Union Berlin – im Leben vieler Menschen wichtige Vermittlungen übernommen. Er hat in seiner Funktion spezifische Wirkungen gezeigt, die nur ihm eigen zu sein scheinen. Dazu haben z. B. die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erkenntnisse aus dem „Wunder von Bern“ genügend Beweise geliefert.
Diese Prozesse zu befördern, zu befestigen oder ihnen Impulse zu geben, dabei kann insbesondere die Tätigkeit einer Stiftung in einem Profi-Fußballverein helfen. Vor allem, wenn sie den Zuschauer, den Fan und das Vereinsmitglied eben nicht als Konsumenten sondern als selbstbestimmtes Wesen sieht. Also haben wir uns als Stiftung nicht nur um Fußball zu kümmern und schon gar nicht um Fußball im engeren Sinne. Das soziale und politische Wetterleuchten in einer Gesellschaft ist immer und durchaus sehr zeitig in den Fußballstadien spürbar. Der Untergang der DDR zeigte sich nachweisbar auch im Fußball als Gefühlsstau aus unerfüllten Wünschen und der Missachtung des Bedürfnisses vieler Menschen nach Selbstbestimmtheit durch die politische Klasse.
In der Tätigkeit der Stiftung des 1. FC Union Berlin „UNION VEREINT. Schulter an Schulter“ gilt es, auf der Grundlage ihrer Satzung, Ideen zu entwickeln, um noch wirkungsvoller mit dem Fußball der Gesellschaft etwas zurückzugeben:

  1. geht es um Dankbarkeit für die Unterstützung und Hilfe, die der Fußball durch die Gesellschaft erfährt;
  2. ist da nicht an Wohltätigkeit alleine gedacht, eher weniger an diese. Es müssen Erlebnisse gestaltet werden, die Selbstbestimmtheit und Teilhabe möglich machen;
  3. sollte schließlich der Gesellschaft etwas zurückgeben werden, „was diese im Karussell des Kommerzes nicht mehr abbildet“ (Zitat: Alles auf Rot, S. 9);
  4. ist der Fußball für Menschen zu gestalten. Diese Aufgabe steht im Focus der Tätigkeit der Stiftung des 1. FC Union Berlin.

Die Stiftung fördert FUSSBALL für MENSCHEN. Das bedeutet, dass die Natur und die Kultur des Fußballs besondere Beachtung und Schutz erfahren: Die Ursprünglichkeit und das Spontane im unmittelbaren Erlebnis des Spiels. Sein Vermögen den ganzen Menschen mit all seinen Sinnen zu erfassen und ihn zugleich sozial zu verbinden. Das Spiel und seine Akteure auf dem Rasen und den Rängen stehen im Mittelpunkt. Und da stehen sie nicht alleine, denn die sozialen Beziehungen und Vermittlungen während und im Umfeld eines Fußballspiels sind genauso wichtig, wie das wirtschaftliche Denken und Handeln aller Verantwortlichen in der Maßgabe eines Mittelstandsunternehmens.
Den Besonderheiten des Fußballs und seinen Potentialen soll im Folgenden nachgegangen werden:
Ausgehend von der im Allgemeinen anerkannten These, dass Fußball als soziales Phänomen zu verstehen ist, fordert das eine andere Sicht auf das, was im Stadion An der Alten Försterei aber auch in vielen anderen Fußballstadien geschieht.
Es irrt sich, wer glaubt, dass hinter dem Fußball nichts als Fußball ist (Ror Wolf). Ins Fußballstadion kommen Menschen, die ihren Alltag mit ins Stadion bringen und ihn dabei in eigener Weise und auch sehr spezifisch aufarbeiten.
In der Kommunikation zwischen Rasen und Rängen findet der Stadionbesucher Formen sozialer Beziehungen, die mit großer Spontanität aus dem Augenblick heraus entstehen. Der Fußball lebt in erster Linie vom Unvorhersehbaren der Aktionen auf dem Rasen und den Rängen. Nicht „absichtsvoll Kalkuliertes“ erzielt die Wirkung, kein Drehbuch gibt was vor. Der spannendste Krimi ist ausgedachter als jedes Fußballspiel. Das macht Fußball auch so authentisch. Der Fußballfan empfindet den beschriebenen Zustand als „Große Freiheit“ – erlebte und gelebte Selbstbestimmung.
In solch einem Kontext ist der Fußball in vielem der Gesellschaft voraus. Auf dem Platz und auf den Rängen liegen Wahrheiten, die noch viel mehr Raum gewinnen sollten. Immer wieder zeigt der Fußball, dass ein Miteinander möglich ist, dass man zusammenspielen, streiten, diskutieren kann, ohne sich um Leib oder Leben zu bringen.
Im Fußball muss, im Idealfall, jeder für den anderen laufen. Es spielt keine Rolle woher jemand kommt, welche Hautfarbe er hat oder welche Religion. Es kommt darauf an, dass man miteinander ins Spiel kommt, sich trotz aller Individualität als Gemeinschaft erfährt, als Team. Fußball ist also auch praktizierte Integration. Das braucht die Gesellschaft heute nötiger denn je. Beim Fußball sind Nähe und Solidarität überaus intensiv.
Fußball also verbindet: Die sozialen Stände, Professionen und Generationen. Fans im Fußballstadion sind gleich, ohne den eigenen Charakter, die Selbstbestimmtheit und Individualität beim Eintritt abzugeben. Für mindestens neunzig Minuten sind sie Kumpel, Weggefährten. Sie sind dies auch, wenn bei ihrem Verein gar nicht der Ball getreten wird (Weihnachtssingen). Als Beleg für diese Zusammenhänge sei hier eine Beobachtung von Ottmar Hitzfeld angefügt: Er könne sich nicht erinnern, dass zwei Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen Arm in Arm aus einem Opernhaus, einem Museum oder dem Bundestag gekommen seien, aus einem Fußballstadion aber sehr oft.
Was der Fußball sinnvoll stiftet, wirkt über ihn hinaus und weiter. Auf solche Art und Weise ist Fußball Spiegelbild der Gesellschaft. Das aber schließt ein, dass auch Widersprüche und Defizite, die Verletzungen und Demütigungen, die den Einzelnen oder Gruppen von Menschen im Alltag beschweren, in das Stadion gelangen. Daraus folgen Konflikte und Missverständnisse; Provokationen und Verletzungen der öffentlichen Ordnung. Sie sind nicht die Regel, aber es gibt sie, und sie fordern heraus.
All das geschieht in einer Gesellschaft die ichbezogener nicht sein kann und deren treibendes Moment das Streben nach Profit ist. Bei Union sind diese Zusammenhänge durchaus bekannt und anlässlich des Heimspiels gegen RB Leipzig haben Wirtschaftsrat und Stiftung im Programmheft Nr. 1-19/20 in der Kolumne über „Wege und Irrwege des Fußballs“ reflektiert und gewissermaßen auch gewarnt: „Die Unterschiede von Brause und Fußball verschwimmen, alles wird zur Ware, es bleibt die bare Zahlung.“ Nun darf es nicht verwundern, das Kapital in der Marktwirtschaft wie Kapital funktioniert und auch der Fußball längst zur Ware geworden ist und den Gesetzen der Warenproduktion folgt.
Das geht unter die Haut, und gerade auch vielen Fans beim 1. FC Union Berlin. Und es muss ihnen umso mehr unter die Haut gehen, weil sie selbst Teil der Vermarktung von Fußball sind. Für die Unioner und Unionerinnen ist diese Situation vergleichbar einer Zwickmühle – mitten drin, nicht nur dabei und ein Entrinnen kaum möglich. Ein Ratschlag zur Problemlösung – mit Zynismus-Potential – war am 06.03.2020 im Tagesspiegel zu finden. Zitat Hannes Soltau: „Bei aller Beschwörung von Tradition und Stolz: Der moderne Fußballfan schenkt seine Liebe einem Konzern. Und so lange der Sport Teil der Warengesellschaft ist, bleibt dem kritischen Anhänger wohl einzig das Aushalten des Widerspruchs. Oder der radikale Verzicht auf das Erlebnis im Stadion, das Gemeinschaftsgefühl in der Kurve und den qualitativ hochwertigen Spitzenfußball dieser Tage. Und somit als letztes Mittel: Der Gang zum Kreisklassenkick auf dem Dorfbolzplatz.“
Gegen den vorstehenden analytischen Ansatz und die Schlussfolgerungen ist zunächst nichts einzuwenden. Jedoch in Zeiten, da selbst prominenten Verteidigern neoliberalen Denkens das Licht aufzugehen scheint, dass der Markt wohl doch nicht alles richtet und bestimmte Bereiche der Gesellschaft nicht dem Profitsystem unterliegen dürfen, da ist es mehr als opportun, nachzudenken, was Transformation einer Gesellschaft alles bedeuten kann. Warum muss der Sport in einer Gesellschaft zur Profitmaximierung herhalten? Und der Fußball sitzt bei der Erörterung der Fragen nicht am Katzentisch.
Im Gegenteil, da im Augenblick ein Virus alles auf den Kopf stellt und jedermann zum Hinterfragen ermuntert, wird das Coronavirus die Fußballlandschaft stark verändern aber nicht zerstören, eher Hoffnung wecken. Den Fußball zerstören kann nur der Mensch. Bei der Stiftung des 1. FC Union Berlin, soll auf jeden Fall der Fußball für Menschen weiter gefördert werden, so wie wir ihn bisher verstehen. Vielleicht muss jetzt offensiver über eine andere Fußballidee geredet werden. Es gilt, eine neue Erzählung für das nach wie vor fantastische Spiel und seine soziale Bedingtheit zu finden. Fußball ist ein existentielles Geschehen und keine Nachahmung. „Das Fußballspiel ist nicht die Fortsetzung des Lebens, sondern das Leben ist die Fortsetzung des Fußballspiels.“(Ror Wolf)
Wir müssen reden – miteinander, nicht übereinander – und Verbündete finden:
Der Fußball kann die Welt nicht retten. Er kann nicht die Probleme der Gesellschaft klären oder gar lösen. Aber er ermöglicht den Dialog über viele Fragen und Problemfelder in der Gesellschaft – von alltäglichen bis zu speziellen Themen und natürlich über den Fußball selbst. So entsteht Kommunikation aus der sich nachweisbar Zusammenhalt und Solidarität ergeben.
Während die Gesellschaft gegenwärtig eher auseinanderfliegt, findet sie beim Fußball vielfältig – sehr bemerkenswert – zu gemeinsamem Interesse. Selbst die Interessen gegnerischer Mannschaften und ihrer Fans weisen vielfältig auf Gemeinsamkeiten hin. Da brauchts nicht erst ein Virus. Es sei man schreibt ihn so: V.I.R.U.S.! Inhalte verbinden! Der Wille entscheidet, ob man aufmerksam und sensibel zuhört und hinschaut sowie gelegentlich auch mal über den eigenen Schatten springt.
„Um einander zu achten, muss man sich zunächst kennen” meinte der Gründer der modernen Olympischen Spiele, Pierre de Coubertin. Der DFB – seinerseits – sollte raus aus seinem Elfenbeinturm, runter vom Parolen haften sowie alltagsuntauglichen Verlautbarungston nebst untauglicher Abstrafungsmethodik und ergebnisorientiert mit Fans und allen Beteiligten reden. Die Fans sollten – ihrerseits – über den großen Schatten und das Ego springen. Gesprächsoffenheit und Reden wird helfen. Man kann Respekt zu jemandem haben, mit dem einen sonst nicht viel verbindet, als die Vorstellung von der Integrität der Anderen. Es geht um gegenseitigen Respekt und die Erkenntnis, niemand, aber wirklich niemand, ist der Alleinvertreter des Fußballs. Jeder sollte wissen, womit man zu ringen hat, dass man dies auch mit gutem Gewissen tun kann, wenn man zugleich zu verstehen versucht, was die, mit denen man ringen muss, eigentlich bewegt und in manchen Beziehungen lähmt.
EISERN !!!